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Vermietung von Grundstücken - Ort der Führung der Wirtschaftstätigkeit

2021-10-13

Eine in einem Mitgliedstaat gemietete Immobilie stellt keine feste Niederlassung dar, wenn der Eigentümer dieser Immobilie kein eigenes Personal für die Erbringung von Vermietungsdienstleistungen hat. Dies geht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Juni 2021 in der Rechtssache Titanium Ltd gegen Finanzamt Österreich, früher Finanzamt Wien (C-931/19) hervor.

Das Urteil erging in der Rechtssache Titanium Ltd, einem Unternehmen mit Sitz in Jersey, das im Bereich der Immobilienverwaltung tätig ist. Das Unternehmen war auch in Österreich tätig, doch beschränkte sich seine Tätigkeit in Österreich auf die mehrwertsteuerpflichtige Vermietung einer Immobilie in Wien. Das Unternehmen beschäftigte kein Personal in Österreich, sondern nahm die Dienste einer österreichischen Gesellschaft in Anspruch, die als Vermittler zwischen Dienstleistern und Lieferanten fungierte und auch für die Abrechnung von Mieten und Betriebskosten, das Führen von Geschäftsbüchern und die Erstellung von Mehrwertsteuererklärungen zuständig war. Diese Dienstleistungen wurden in anderen als den von Titanium Ltd. gemieteten Räumlichkeiten erbracht. Die Titanium AG behielt sich alle wichtigen Entscheidungen in Bezug auf das Mietobjekt vor, wie z.B. den Abschluss und die Beendigung von Mietverträgen, die Festlegung der Mietvertragsbedingungen, die Auswahl von Dienstleistern und schließlich die Auswahl und Beaufsichtigung der Hausverwaltungsgesellschaft.

Die österreichischen Steuerbehörden vertraten die Ansicht, dass bei einer mehrwertsteuerpflichtigen Vermietung von in Österreich gelegenen Grundstücken immer eine feste Niederlassung in Österreich vorliegt. Der Steuerpflichtige vertrat dagegen die Ansicht, dass keine feste Niederlassung begründet worden sei.

Das mit der Rechtssache befasste Gericht beschloss, dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie eine feste Niederlassung darstellt, wenn der Eigentümer dieser Immobilie kein eigenes Personal für die Erbringung der Vermietungsdienstleistungen hat.

Aus der bereits bestehenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geht hervor, dass eine notwendige Voraussetzung für das Vorhandensein einer festen Niederlassung das ständige Vorhandensein der für die Erbringung der Dienstleistungen erforderlichen personellen und technischen Ressourcen ist. Dies spiegelt sich im Art. 11 der Durchführungsverordnung Nr. 282/211 wider, wonach eine Betriebsstätte durch "eine angemessene Struktur in Bezug auf die personellen und technischen Ressourcen" gekennzeichnet sein muss.

Im vorliegenden Fall stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass eine Immobilie, die über keine personellen Ressourcen für einen unabhängigen Betrieb verfügt, eindeutig nicht die Voraussetzungen erfüllt, um als ständige Betriebsstätte des Eigentümers der vermieteten Immobilie zu gelten.

Das Vorhandensein einer ständigen Niederlassung in einem bestimmten Land ist von entscheidender Bedeutung für die korrekte Bestimmung des Ortes der Besteuerung und der Art und Weise der Steuerabrechnung. Gemäß dem in Art. 28b des MwSt.-Gesetzes niedergelegten Grundsatz ist der Ort der Besteuerung von Dienstleistungen der Ort, an dem der Steuerpflichtige seinen Sitz hat, es sei denn, die Dienstleistung wird an seine ständige Niederlassung in einem anderen Land erbracht - in diesem Fall ist der Ort der Besteuerung das Land, in dem sich die ständige Niederlassung befindet. Gleichzeitig schließt das Vorhandensein einer ständigen Niederlassung in bestimmten Fällen die Möglichkeit aus, die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft anzuwenden, und zwar sowohl bei der Erbringung von Dienstleistungen als auch bei der Lieferung von Gegenständen.  Daher besteht kein Zweifel daran, dass die vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung Titanium Ltd (C-931/19) vertretene Position sowohl für ausländische Unternehmen, die in Polen geschäftlich tätig sind, als auch für polnische Steuerzahler, die auf ausländischen Märkten präsent sind, von Bedeutung sein wird.

 

Barbara Otrzonsek, Steuerberater, ATA Tax Sp. z o.o.

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