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Zivilrechtlicher Vertrag mit steuerlichen Folgen wie eine Mehrwertsteuerrechnung

2022-10-24

Am 29. September 2022 wurde das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-235/21, Raiffeisen Leasing gegen Republik Slowenien, über die Anerkennung eines schriftlichen Vertrags als Rechnung veröffentlicht.

Das Urteil wurde auf der Grundlage des folgenden Sachverhalts veröffentlicht:

Die Gesellschaft Raiffeisen Leasing hat mit der Gesellschaft RED eine Veräußerungs- und Rückmietvereinbarung abgeschlossen. Der Leasingvertrag wurde schriftlich abgeschlossen. Darin einigten sich die Parteien auf bestimmte Preise (brutto einschließlich Mehrwertsteuer). Die Raiffeisen Leasing stellte weder eine Rechnung aus, noch zahlte sie die Mehrwertsteuer, während RED ihr Recht auf Vorsteuerabzug auf der Grundlage dieser Vereinbarung geltend machte und diese Steuer abzog, wobei sie behauptete, dass die Vereinbarung selbst eine Rechnung darstelle. Die Steuerbehörde verweigerte RED den Vorsteuerabzug, während Raiffeisen Leasing von der Steuerbehörde verpflichtet wurde, die im Zusammenhang mit dem Leasingvertrag geschuldete Mehrwertsteuer abzuführen, da der Vertrag als Rechnung betrachtet wurde. Der Fall ging schließlich an den slowenischen Obersten Gerichtshof, der dem Europäischen Gerichtshof eine Vorabfrage vorlegte. Die Frage betraf die Auslegung der Richtlinie 2006/112, insbesondere von Art. 203, der besagt, dass derjenige, der die Mehrwertsteuer auf einer Rechnung ausweist, sie auch zu entrichten hat. Der slowenische Oberste Gerichtshof wollte in diesem Zusammenhang wissen, ob er einen Vertrag als Rechnung betrachten kann, um die oben genannte Bestimmung der Richtlinie anwenden zu können.

Standpunkt des Gerichtshofs der Europäischen Union

Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass ein Vertrag unter Umständen als Rechnung angesehen werden kann, wenn die in der Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt sind. In dem Urteil wurde darauf hingewiesen, dass es, wenn die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug erfüllt sind, unerheblich ist, auf welcher Grundlage dieses Recht zustande kommt, ob auf der Grundlage einer Rechnung oder eines anderen Dokuments. Die Erfüllung der materiellen Voraussetzungen ist eine notwendige Bedingung für den Erwerb des Rechts auf Vorsteuerabzug, auch wenn die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Wie der EuGH betont, kann einem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein aufgrund des Fehlens einer Rechnung verweigert werden, sofern alle materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Darüber hinaus ist es erwähnenswert, dass der Gerichtshof feststellte, dass ein Vertrag unabhängig vom Willen der Parteien als Rechnung angesehen werden kann und der Verkäufer folglich zur Zahlung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist. Obwohl die Angabe des Mehrwertsteuersatzes obligatorisch ist, wies der Gerichtshof in seinem Urteil darauf hin, dass die Möglichkeit, ihn aus dem Vertrag abzuleiten, ausreichend ist.

Auswirkungen des Urteils auf die Anwendung des Steuerrechts in Polen

Das Europäische Gerichtshof wird sich mit großer Sicherheit auf die Art und Weise auswirken, wie Verträge und - was noch gefährlicher ist - andere Dokumente von den Steuerbehörden betrachtet werden. Einerseits kann dies für den Erwerber von Vorteil sein, da er sein Recht auf Vorsteuerabzug verteidigen kann, andererseits ist es für den Verkäufer gefährlich. Die Gefahr besteht vor allem darin, dass die Steuerbehörden Verträge oder andere Dokumente weit auslegen und als mit der Rechnung identisches Dokument behandeln können, so dass der Verkäufer verpflichtet ist, die auf dem betreffenden Dokument ausgewiesene Mehrwertsteuer zu entrichten.

Piotr Wójtowicz, Steuerkonsultant, ATA Tax Sp. z o.o.

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